Schirmer/Mosel Verlag

Der Schirmer/Mosel Verlag wurde am 1.4.1974 von Lothar Schirmer, einem frischgebackenen Verlagskaufmann, und Erik Mosel, einem erfolgreichen Münchner Werbetexter, gegründet. Der Verlag beschäftigte sich zunächst mit der Zusammenstellung und dem Verkauf von limitierten Mappenwerken mit Originalphotographien von August Sander und Heinrich Zille, deren Prototypen auf der Art Basel 1974 und 1975 vorgestellt wurden.

Im Jahr 1975 nahm der Verlag seine Buchproduktion auf. Es erschienen zwei Titel, die sofort Aufsehen erregten: August Sander – Rheinlandschaften wurde als Manifest für die Kunst „Photographien wie Gedichte zu lesen und zu behandeln“, so der Schriftsteller Jürgen Becker, wahrgenommen. Heinrich Zille – Photographien Berlin 1890-1910 machte in seiner Kombination aus Kunst- und Photogeschichte und Berliner Stadtgeschichte auf dem Buchmarkt Furore, entwickelte sich zum Besteller und wurde zum eigentlichen Verlagsgründungsbuch.

In den folgenden Jahren konzentrierte sich der Verlag zunächst auf Kunst und Photographie aus der näheren Umgebung. Neben dem schönsten Beuys-Buch, dem Buch über die Aktion „Coyote“ (1976), erschien eine Monographie über den in München lebenden Photographen Herbert List (1976), eine Monographie über den Hofphotographen von König Ludwig II. Joseph Albert (1977), ein Bavaricum besonderer Güte, und, ebenfalls als eine Mischung von Kunst und Heimatkunde, das erste Buch von Bernd und Hilla Becher, Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebietes (1977).

Im Jahr 1978 hatte Schirmer/Mosel so viel Renommee und ökonomischen Boden unter den Füßen, dass Helmut Newton an den Verlag herantrat, um ihm seine Bücher anzuvertrauen, die zum großen Teil bis heute lieferbar sind. Als erster von insgesamt 17 Newton-Titeln bei Schirmer/Mosel erschien 1978 Sleepless Nights.

Mit Newton, dem Berliner Emigrant mit jüdischen Wurzeln, begann die Serie von Büchern verfolgter und in die Emigration gezwungener deutscher Photographen. Erich Salomon (1978, 1980, 1986), Laszlo Moholy-Nagy (1978), Wols (1978), Raoul Hausmann (1979), Felix H. Man (1983), Gisèle Freund (1985) und Horst P. Horst (1991) kamen hinzu, später Leo Rosenthal (2011) und jüngst Hermann Landshoff (2013).

Parallel zu einer Serie von Büchern mit Architekturphotographien deutscher Städte aus dem 19. Jahrhundert – Frankfurt, Augsburg, Düsseldorf, München, Hannover und Berlin – begann die Expansion in die Welt, zu den Meistern der französischen, englischen und amerikanischen Photographie des 20. Jahrhunderts.

Interessante Doppelstrategien ergaben sich durch die engen Verbindungen der Photographie mit der bildenden Kunst (Man Ray) und der Mode (Yves Saint Laurent).

 

Mit dem kleinen Buch Hanna Schygulla in den Filmen von Rainer Werner Fassbinder fand 1981 die Filmkunst Eingang ins Verlagsprogramm. Hanna Schygulla begründete die Film- und Diva-Reihe, in der viele Bücher über Stars und Regisseure folgten, von Marilyn Monroe (1982) bis zu Ingrid Bergman (2013), Musikstars wie Glenn Gould, Maria Callas, Jim Morrison oder Madonna eingeschlossen. Erster Höhepunkt dieser Mischung aus Kultur, Celebrity, Glamour, Schönheit und Intelligenz war Isabella Rossellinis charmante Autobiographie Some of Me, der Bestseller des Jahres 1997.

Neben all dem hat der Verlag die große schöpferische Revolution, die in den 1980er Jahren in der zeitgenössischen Kunstphotographie stattfand, geistesgegenwärtig protokolliert. Bei Schirmer/Mosel erschien 1982 die erste Buchhandelsausgabe über Cindy Sherman überhaupt, 1983 kam Robert Mapplethorpe dazu, 1986 folgte das erste Buch mit Jeff Wall. 

In diesem Zusammenhang ist besonders die große Bernd und Hilla Becher-Edition zu erwähnen, die bis heute auf 22 Titel angewachsen ist, von denen 13 noch lieferbar sind. Mit all diesen Büchern hat der Verlag die Weichen dafür gestellt, dass „Photographie heute als Kunst so bedeutend ist, wie nie zuvor“ (Michael Fried). Die Bechers und ihre Schüler wie Struth, Ruff, Gursky, Höfer, Berges, Nieweg, Rosswog, exemplarisch dargestellt in dem Band Die Düsseldorfer Photoschule, bilden bis heute das heimatliche Fundament für die internationale Kompetenz des Verlags.

Zugleich wurde auch die bildende Kunst fortwährend gepflegt. Die Editionen zum Werk der Jahrhundertkünstler Joseph Beuys und Cy Twombly wurde bereits bei der Verlagsgründung ins Auge gefasst. Die großen, lange übersehenen Vertreter der realistischen Maltradition im 20. Jahrhundert, Edward Hopper, Frida Kahlo und Balthus, hat der Verlag in Deutschland populär gemacht. Hinzu kamen maßgebliche Werke zu Marcel Duchamp und das sensationelle Buch über die Zeichnungen von Antonin Artaud, das der französische Philosoph Jacques Derrida im Auftrag des Verlags geschrieben hat (1986). Ein weiterer Glanzpunkt des Verlagsprogramms ist die von Marianne Schneider betreute Leonardo da Vinci-Edition, die über Jahre kultiviert wurde.

Heute blickt der Schirmer/Mosel Verlag auf die stolze Produktion von weit über 1.500 Kunst- und Photographie-Titeln zurück. Sie haben in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Vermittlung von Kunst und Photographie beigetragen.

 

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